Der Fotograf Matthias Gassert wohnt seit 2014 ständig in Weggun, in der Uckermark.
Zuvor war er 35 Jahre in Berlin. Nach einem Hochschulstudium in Cottbus kommt er
1979 als junger Bauingenieur dorthin, mit dem Ziel, Musiker zu werden. Er arbeitet bis
1983 in der Projektierung eines Berliner Baubetriebes. Parallel gelingt es ihm, den Solopauker
der Staatskapelle Berlin, Rudi Liebetrau in Pankow, als Lehrer für Kleine Trommel zu
gewinnen und sich an der Musikschule Berlin Friedrichshain ausbilden zu lassen. Nach
erfolgreichem Abschluß erlangt Gassert 1987 den Berufsausweis, der in der Musizierpraxis
der DDR unbedingt erforderlich war. Er gibt seine letzte Anstellung in einem Jugendclub
in Weissensee auf und arbeitet fortan freiberuflich als Schlagzeuger auf dem Feld der
Improvisationsmusik und der Interpretation von Schlagzeugstücken neuer, sogenannter
junger Komponisten.
1984 lernt er seine Frau Doris kennen, mit der er bis zu ihrem frühen Tod 2011 in Berlin
Friedrichshain zusammenlebt. Doris hat eine Oma in Weggun, die Mutter der Mutter.
So hat die ganze Familie eine enge Bindung zum Dorf in der Uckermark, wohin Gassert an
Weihnachten 1984 erstmalig kommt. In den Jahren der Krankheit seiner Frau halten sich
beide regelmäßig hier auf, die Wohnung der 2002 verstorbenen Oma hatten sie übernommen.
In dieser Zeit fotografiert Gassert sehr viel im Ort und dessen Umland, es entsteht
eine umfangreiche Serie mit Projektcharakter, es entsteht „Ein Jahr Weggun“.
Mit der Kamera ist er seit der dritten Griechenlandreise 1994 unterwegs, wohin es beide
alljährlich zieht. Hellas, so kann man sagen, wird zum Quell und zur Inspiration seiner
Persönlichkeitsentwicklung. Bis zum heutigen Tag sieht Gassert dort seine zweite Heimat.
In den 90er Jahren besucht er eine Mal-und Zeichengruppe des Berliner Künstlers
Achim Niemann. Der wertvolle Unterricht in grafischer Gliederung und der Ästhetik des
Schauens befördert sehr seinen Blick durch die Kamera.
Geboren wurde Matthias Gassert 1954 in Thüringen. Die Jahre seiner Kindheit verlebt er in
Tabarz am Fuße des Inselsberges, in Waltershausen geht er bis zur Mittleren Reife 1970
zur Schule. 1973 legt er nach einer Berufsausbildung zum Baufacharbeiter in Nordhausen
das Abitur ab.
Zu „Ein Jahr Weggun“ darf noch ausgeführt werden, dass es sich um eine zeitlich zusammenhängende
Arbeit handelt, die kurz nach ihrer Aufnahme den Projektcharakter entwickelte.
Die Uckermärkische Landschaft ist weder spektakulär noch aufregend, sie begegnet dem
Besucher in ihrer, durch die letzte Eiszeit geformten, ruhigen Schönheit. Es gibt viele Seen,
Hügel, die sanfte Bewegung schaffen, Waldstücke, Heide und ausgedehnte Felder.
Durch die wiederholte Betrachtung gleicher - und ergänzender Orte durch die Monate, d.h.,
in den Jahreszeiten, möchte der Fotograf eine stärkere Nähe, eine Intimität und Vertrautheit
zu den Motiven schaffen. Dieses Langzeit-Erleben, auch zu unterschiedlichen Tageszeiten
und folglich Lichtsituationen, bringt Komplexität mit sich, die sich nach Möglichkeit im Einzelbild
niederschlägt.